Kritik durch Kontext: Der Einsatz der Psychological Humanities
14–15.15 Uhr | Vortrag mit Diskussion
Der Vortrag skizziert die ‚Psychological Humanities’ als einen neuen interdisziplinären Ansatz, der die Psychologie in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Betrachtung rückt. Die Relevanz einer solchen Betrachtungsweise ergibt sich nicht nur aus der zunehmenden Psychologisierung verschiedener gesellschaftlicher und kultureller Bereiche, sondern auch aus mehreren aktuellen Vorfällen innerhalb der akademischen Psychologie, etwa der ‚replication crisis’ oder dem ‚Hoffman-Bericht’ über die mögliche Beteiligung von Psycholog_innen an militärischer Folter. Ich argumentiere, dass die Psychological Humanities ein Feld der Reflexion eröffnen können, das eine vielschichtige Kritik an psychologischem Wissen und seinen jeweiligen Praktiken ermöglicht. In dem Vortrag wird das Lübecker Modell der Psychological Humanities vorgestellt, das zwei Perspektiven beinhaltet: (1) den geisteswissenschaftlichen Blick von außen auf die Psychologie, der insbesondere Ansätze aus der Wissenschaftsgeschichte und aus der Kulturwissenschaft einsetzt; (2) unterschiedliche theoretische Perspektiven innerhalb der Psychologie, die erkenntnistheoretische Ansätze, pluralistische Zugänge zum Psychischen und ethische Positionen umfassen. Daraufhin wird der Ansatz der Psychological Humanities am Beispiel von Trauma konkretisiert. Abschließend werden Differenzen und Gemeinsamkeiten zwischen den Psychological Humanities und dem bereits etablierten Bereich der Medical Humanities aufgezeigt. Insgesamt plädiert der Vortrag dafür, dass es für die Psychologie an der Zeit ist, sich selbst, ihren Gegenstand und ihre Effekte eingehender zu reflektieren, um sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung umfassender zu stellen.