Rassismuskritische Perspektiven auf psychische Gesundheit
Montag, 23/11/20
“das ist halt so GEMEIN und du kannst schreien und keiner hört das” – Rassismuserfahrungen und Umgang mit Rassismus von Menschen aus urbanen “Problemvierteln”
20–21.15 Uhr | Vortrag mit Diskussion
Für Menschen, die in sogenannten urbanen “Problemvierteln” aufwachsen, gehören Diskriminierungs-, Differenz-, und/oder Ausgrenzungserfahrungen verschiedenster Art zum Alltag. In meinem biographiewissenschaftlich-ethnographisch angelegten Forschungsprojekt gehe ich zunächst allgemein der Frage nach, wie Jugendliche in den biographischen Erzählungen ihre Lebenswelt reflektieren, welche Macht- und Herrschaftsverhältnisse sie thematisieren und wie sie sich im Laufe ihres Lebens dazu verhalten (haben). Die spezifische Chance eines biographieanalytisch-ethnographischen Ansatzes liegt darin, über die individuellen Lebensgeschichten und die eigene teilnehmende Beobachtung einen Zugang zu kollektiven Dimensionen von Erfahrungen und Möglichkeitsräumen zu gewinnen. Nicht nur in den biographisch-narrativen Interviews, sondern auch in Gruppendiskussionen und rezeptiven Interviews mit Menschen aus diesen urbanen “Problemvierteln” werden häufig individuelle und kollektive Rassismuserfahrungen, aber auch struktureller Rassismus als ein relevanter Erfahrungshorizont zum Gegenstand gemacht. Ich möchte hier exemplarisch Transkriptausschnitte von rassifizierten und migrantifizierten Anderen Deutschen (Mecheril) aus meinem noch laufenden Forschungsprojekt mit einer rassismuskritischen Brille interpretieren und erste vorläufige Thesen mit euch diskutieren. Welche Facetten von Rassismuserfahrungen werden von den Betroffenen angesprochen? Wie erleben Jugendliche aus diesen urbanen “Problemvierteln” Rassismus und welchen Umgang gibt es mit dem individuellen und kollektiven psychischen Leid? Warum ist Psychotherapie als Mittel zur Minderung von psychischem Leid für Menschen aus urbanen “Problemvierteln” eher keine Option?
Grete Erckmann, Dipl. psych., Kritische Psychologie, promoviert an der Universität Wien in Bildungswissenschaft zu “Jugend leben” in sogenannten urbanen “Problemvierteln” – eine biographiewissenschaftlich-ethnographische Studie